© Iris Nieland

Mit offenem Visier… Rede zur Vollverschleierung

Diese Rede zum Thema “Gesetzliches Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit” hielt ich am 15.9.2016 im Mainzer Landtag

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,
liebe Gäste!
Ich lasse das Visier herunter… bedeutet ein Mensch verschließt sich.
Es gibt in unserer Sprache den Ausdruck vom offenen Visier. Er stammt aus der Zeit der Ritterkämpfe. So weit diese Zeit auch zurückliegt, die Bedeutung des Ausdrucks vom offenen Visier hat immer noch Bedeutung für unsere Kultur.
Wir sollten in Deutschland stolz darauf sein, dass wir mit einem offenen Gesicht durch das Leben gehen und dass die lustigen Masken der  Mainzer Fastnacht der Ausnahmefall ist. Wenn aber Menschen anderer Kulturkreise hier in Deutschland nicht nur zur Fastnacht, sondern ständig ihr Gesicht verhüllen, uns also nicht mit offenem Blick /Visier entgegentreten, müssen wir eine Grenzziehung vornehmen.

Wie wenig weit die Gleichberechtigung von Mann und Frau noch in den Jugendjahren der Bundesrepublik entwickelt war, ist inzwischen fast vergessen. Noch 1958 konnte ein Ehemann das Dienstverhältnis seiner Frau kündigen und bis 1956 mussten Frauen, die heirateten, aus dem baden-württembergischen Staatsdienst ausscheiden.

Heute, am 15. September 2016, diskutieren wir in diesem Hohen Hause darüber, ob Frauen per Gesetz von dem scheinbar religiös motivierten Zwang befreit werden können, sich unter einer Rüstung aus Stoff verstecken zu müssen. Man könnte denken, es wäre nun ein September vor vielen Jahrhunderten, in dem wir uns mit diesem Thema befassen müssen. Dermaßen antiquiert und rückwärtsgewandt kommt mir das Bild einer vollverschleierten Frau vor, das nun viel zu oft als scheinbares Zeichen von Offenheit und Toleranz vorgeführt wird. Wobei es eine Vollverschleierung hierzulande selbst im Mittelalter nicht gegeben hat.

Etliche Jahrzehnte haben die Frauen des Abendlandes den zähen Kampf um Gleichberechtigung geführt. Heute argumentieren Frauen wie Claudia Roth von den Grünen, eine Vollverschleierung bei 34 Grad Außentemperatur zu tragen, sei die Offenheit, die zu einer offenen Gesellschaft, gehöre. Welch ein Anachronismus.

Entsprechend der Auffassung der AfD-Landtagsfraktion, wird eine demokratische Gesellschaft nicht bunter, wenn Frauen von ihrem Ehemann dazu gezwungen werden, sich nur in einer schwarzen  Vollverschleierung auf die Straße begeben zu dürfen. Und von solchen Strukturen des Zwangs muss ausgegangen werden. Wir sind dazu verpflichtet, uns für die Rechte dieser Frauen einzusetzen. Um Freiheitsrechte zu garantieren, kann es auch manchmal notwendig sein, Verbote zu erlassen. Dabei ist es vollkommen unwichtig, wie groß die Anzahl derjenigen Frauen ist, die unter Burka, Naqib oder sonstigen fast vollständigen Verhüllungen leiden müssen.

Weswegen verweigern sich die Kolleginnen und Kollegen von SPD und Bündnis 90/Grüne so standhaft nicht nur allem, was deutsche und abendländische Kultur ausmacht, sondern auch den einst selbst propagierten Zielen? Einst sollten die Talare gelüftet werden und die Röcke immer kürzer ausfallen. Frauen sollten zu Recht frei sein. Jetzt betreiben Sie den doppelten Salto rückwärts. Aus den Talaren wurden Burka und Naqib, die kaum mehr erkennen lassen, ob es sich bei der Person unter dem Stoff um eine Frau oder einen Mann handelt. Der Mief von 1.000 Jahren unter den Talaren ist einer übel riechenden Doppelmoral gewichen.

Vielfalt und Toleranz einer Gesellschaft werden nicht größer, je länger das Gewand ist, unter dem sich die Frauen entsprechend dem Willen ihrer Männer verstecken müssen. Im Gegenteil.
Die Frauen unter dem schwarzen Stoff können sich in der patriarchalisch geprägten Gesellschaftsstruktur in der sie gefangen sind, nur selten selbst befreien. Viel zu oft mussten wir erschrocken zur Kenntnis nehmen, dass Brüder ihre Schwester töteten, dass Eltern ihren Kindern den Tod gewünscht haben, weil diese sich ihre Freiheit nach unseren westlichen Maßstäben erträumten. Wir leben Tür an Tür. Doch zwischen den gesellschaftlichen Strukturen liegen Welten.
Und es ist doch für jeden, der sehen und hören kann, offensichtlich, dass es zumeist keine der westlichen Demokratie positiv gesonnen Menschen sind, die die Welt durch Stoffgitter vor den Augen der Frauen betrachten sehen wollen.

Können oder wollen Sie nicht verstehen, dass die Verfechter solcher überalterter Anschauungen gar keine Integration in unser Wertesystem anstreben?
Manche dieser Menschen, die zu uns gekommen sind, weil sie angeblich Schutz vor Verfolgung und Gewalt suchten, sind nicht bereit, sich unseren grundlegendsten gesellschaftlichen Gepflogenheiten anzupassen. Es gehört seit vielen tausend Jahren zu unserer europäischen Kultur, wenn man sich mit dem Gegenüber unterhält und daß man dabei in sein Gesicht schauen kann. Man möchte nicht nur wissen, mit wem man spricht. Wir ziehen wichtige kommunikative Informationen aus der Mimik unseres Gesprächspartners. Nicht grundlos ziehen sich beispielsweise Menschen, die ihre Identität verstecken wollen, Strümpfe über den Kopf.
Ohne die Möglichkeit, die Mimik erkennen zu können, steht zwischen den Menschen eine Mauer der Anonymität. Ich möchte nicht, dass zwischen mir und dem Menschen gegenüber eine solche Mauer steht. Eine solche Mauer, die nicht aus Stein besteht, sondern aus Stofflagen über dem Gesicht von Frauen.

Die CDU hat einen ähnlichen Antrag gestellt, aber bei uns ist auch der feste politische Wille zur Umsetzung dazu vorhanden.

 

Die Rede kann hier auch als Video angeschaut werden, und zwar ab Minute 4:16:00.

 

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