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Der Paritätische Wohlfahrtsverband auf linken Abwegen

Der Paritätische Wohlfahrtsverband stellt sich im anstehenden hessischen Landtagswahlkampf gegen die AfD. Er “distanziere” sich “deutlich”. So war es in der Presse zu lesen. Auch der rheinland-pfälzische Landesverband dieses Verbandes hat sich dem bereits durch eine Erklärung im April angeschlossen.

Das klingt auf den ersten Blick nach einer moralischen Stellungnahme aus scheinbar anerkanntem Mund. Ein Wohlfahrtsverband kann schließlich nur Gutes im Schilde führen, denken sich manche Bürger. Es lohnt sich, das etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband Hessen gab jedenfalls als Empfehlung an seine Mitgliedsorganisationen weiter, sie sollten weder AfD-Vertreter einladen, noch an von der Partei organisierten Veranstaltungen teilnehmen. Ein aufschlussreiches Verständnis demokratischer Gesprächskultur.

Schließlich würde die AfD “in Teilen offen rechtsextrem” auftreten, begründete Landesgeschäftsführerin Yasmin Alinaghi in Frankfurt dieses Vorgehen. Es gehe um “die auf Ungleichwertigkeit von Menschen abzielende sowie die rassistische, sozialdarwinistische, antidemokratische und homophobe Ausrichtung”. Eine Zusammenarbeit mit der AfD sowie “allen rechtsextremen Parteien” sei mit den Grundsätzen des Verbandes nicht vereinbar.

Auffallend ist das absurde Verständnis von “Zusammenarbeit” auf, das die Leitung des Wohlfahrtsverbandes vertritt. Ein Gespräch, sich unterhalten, sich anhören, ist noch keine Zusammenarbeit. Im Verständnis solcher “anti-rechten” Gesinnungsethiker aber wird schon ein Kontakt, schon ein normaler menschlicher Umgang als “Zusammenarbeit” verstanden und abgelehnt. Das sagt viel über das Menschenbild dieser Leute aus.

Der Landesverband Rheinland-Pfalz/Saarland verlautbarte ähnliches. In seiner Erklärung vom April steht:
“Der Paritätische mit seinen Mitgliedsorganisationen steht für eine demokratische, offene, vielfältige Gesellschaft, in der alle Menschen gleichwürdig teilhaben und Schutz erfahren – unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, sozialer oder ethnischer Herkunft, Alter, Religion oder Weltanschauung, sexueller Identität, materieller Situation, Behinderung, Beeinträchtigung, Pflegebedürftigkeit oder Krankheit.”

Doch die Praxis des Verbandes zeugt von Doppelmoral. Wenn man aber einerseits vorgibt, für gleichwürdige Teilhabe auch bei unterschiedlicher Weltanschauung einzutreten, zugleich aber die Diskriminierung von AfD-Vertretern fordert, handelt man in starkem Maße scheinheilig. Dass der Paritätische Wohlfahrtsverband also selbst eine Ungleichbehandlung fordert, also ein eigenes Verständnis der “Ungleichwertigkeit von Menschen” vertritt, ist den Funktionären wahrscheinlich gar nicht bewusst.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband wirft der AfD “Demagogie” vor, betreibt diese aber selbst. Indem er zum Beispiel der AfD pauschal “menschenverachtende Rhetorik” unterstellt. “Die Funktionäre der AfD vertreten ein nationalistisches, anti-egalitäres und antisoziales, in einigen Aspekten faschistisches Programm”, verlautbart dessen Landesverband Rheinland-Pfalz/Saarland. Und zwar teils in einem Jargon, der an das alte DKP-Milieu erinnert. Den Begriff “Faschismus” verwendeten bekanntermaßen die DKP-Vertreter in der Zeit des Kalten Krieges gerne. Zahlreiche politische Strömungen, die der kommunistischen Zielsetzung damals im Weg standen, wurden auf diese unhistorische Weise markiert. “Faschismus” wurde von den Kommunisten als “terroristische Diktatur (…) des Finanzkapitals” interpretiert. Oft aber sind heute diejenigen, die den Begriff in ihrem Wortschatz gebrauchen, gar nicht mehr in der Lage, diesen ausreichend zu erklären. Was bleibt ist pure Demagogie.

Auch wird der AfD vorgeworfen, eine “rassistische, sozialdarwinistische, antidemokratische und heteronormative, homophobe” Agenda bedienen. Mittlerweile gilt also zum Beispiel bereits eine Position, die Heterosexualität als soziale Norm befürwortet, für die Ideologen im Wohlfahrtsverband als ausgrenzungswürdig. Ähnliche Vorwürfe betreffen die “Gleichstellung von Mann und Frau”, die die AfD angeblich ablehne, oder die “Inklusion als staatliches Ziel”.

Paritätischer Wohlfahrtsverband. Für den Bürger klingt der Name dieser Dachorganisation erst einmal positiv. Gegen Wohlfahrt hat schließlich niemand etwas einzuwenden. Der Verband leistet Lobbyarbeit für Kranke und Schwache. Er berät und hilft seinen Mitgliedsorganisationen bei organisatorischen und rechtlichen Fragen, organisiert Fortbildungsseminare. Mehr als 10.000 meist wohltätige Vereine sind unter diesem, in der Weimarer Republik gegründeten, Dachverband organisiert. Dazu gehören durchaus verdienstvolle Vereine, wie das Deutsche Kinderhilfswerk, die Deutsche Aids-Hilfe, das Deutsche Jugendherbergswerk, der Weisse Ring oder die SOS-Kinderdörfer.

Problematisch wird es allerdings, wenn ein Dachverband seine Macht missbraucht, um seine Mitgliedsvereine politisch zu beeinflussen. Und wenn diese Beeinflussung darauf abzielt, andersdenkende Menschen mindestens aus dem öffentlichen Diskurs auszugrenzen. Das ist das Problem, wenn Ideologen in führende Positionen großer Vereinigungen gelangen, von denen heraus sie erst in der Lage sind, sich in solcher Weise zu betätigen.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband ist nämlich kein ganz unbeschriebenes Blatt. 2016 deckte der Journalist Rainer Hank in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ auf, dass der Verband eine stark linke Schlagseite aufweist. Er thematisierte, dass der Chef des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, aus Überzeugung in die Linkspartei eingetreten ist.

“Wie er sich als Agent des Gemeinwohls verkleidet und sich hinter einem gut klingenden Label versteckt”, schrieb Hank dazu. Seit 1999 steht der Erziehungswissenschaftler Schneider unangefochten als Hauptgeschäftsführer an der Spitze des Verbandes. Schneider verlautbarte laut Hank 2016 auf dem Magdeburger Parteitag der “Linken”, dass diese Partei stets ohne zu wackeln für Umverteilung und eine Politik des “gerechten Ausgleichs” kämpfe, weshalb sie den Paritätischen Wohlfahrtsverband an ihrer Seite habe.

Rainer Hank urteilte über Schneiders Schritt: “Dass Ulrich Schneider es mit der statistischen Wahrheit nicht sehr genau nimmt, wird erst dadurch zum Ärgernis, dass der Mann sich als Agent des Gemeinwohls verkleidet und hinter dem arglos positiv klingenden Label `paritätischer Wohlfahrtspflege´ versteckt. Und dass Schneiders Verband das großzügige Privileg der Gemeinnützigkeit in Anspruch nimmt und sich ausschließlich aus Beiträgen der Sozialkassen, öffentlichen Mitteln und Spenden (zum Beispiel den guten alten Wohlfahrtsbriefmarken) finanziert. Kader von Parteiorganisationen sollten sich in einer Demokratie eigentlich besser über Mitgliedsbeiträge finanzieren.”

Die Mitgliedsvereine des Dachverbandes, zum Beispiel Diakonie, Caritas oder Rotes Kreuz, scheinen sich wenig an dieser Hinwendung zur “Linken” gestört zu haben. Weder sind sie aus dem Paritätischen Wohlfahrtsverband aus Protest ausgetreten noch wurde ein neuer Hauptgeschäftsführer bestellt. So ist Schneider weiterhin auf seinem Posten, seit nunmehr also 19 Jahren.

Schneider äußerte sich nun in einem taz-Interview positiv zur aktuellen Ausgrenzung der AfD durch seinen Verband. Dazu schwang er eifrig die altbekannte “Nazi”-Keule. Eine kleine Anfrage der AfD im Bundestag erinnere ihn “an nationalsozialistisches Gedankengut”, prominente Vertreter würden “Nazi-Jargon” benutzen. Um dem nun erfolgten Aufruf die nötige Dramatik zu verleihen, nahm es Schneider auch mit der Wahrheit nicht ganz so genau. Er äußert: “Wir haben lange zu menschenverachtenden Sprüchen geschwiegen, um die AfD nicht aufzuwerten. Aber leider ist es ja so: Die AfD wird auch stärker, wenn man nicht reagiert. Deshalb ist es Zeit für einen Strategiewechsel.”

Das ist allerdings nachweislich unwahr. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat sich immer wieder in den letzten Jahren öffentlich negativ zur AfD geäußert, also keinesfalls geschwiegen.

Einige Beispiele:

Im März 2016 äußerte der scheinbar unter Amnesie leidende Schneider selbst auf der Seite des Thüringer Landesverbandes: “AfD-Positionen mit den Werten des Paritätischen nicht vereinbar”
(https://www.paritaet-th.de/2016/03/15/presse/pressemeldungen/afd-positionen-mit-den-werten-des-paritaetischen-nicht-vereinbar)

Im September 2017 veröffentlichte der Verband auf seiner eigene Webseite eine negative Analyse des AfD-Erfolges bei der Bundestagswahl: “Das Ergebnis der Bundestagswahl ist erschreckend, doch lehrt es uns eine wichtige Lektion”
(http://www.der-paritaetische.de/fachinfos/das-ergebnis-der-bundestagswahl-ist-erschreckend-doch-lehrt-es-uns-eine-wichtige-lektion/)

Im August 2017 wurde wiederum auf der Webseite des Verbandes mit einer längeren Pressemeldung verkündet: “Paritätischer Wohlfahrtsverband kritisiert AFD-Asylkonzept als menschenverachtend und absurd”
(http://www.der-paritaetische.de/presse/paritaetischer-wohlfahrtsverband-kritisiert-afd-asylkonzept-als-menschenverachtend-und-absurd/)

In der linken Zeitung “OXI“, herausgegeben von der common verlagsgenossenschaft e.G., äußerte Redakteur Tom Strohschneider folgende erhellende Zeilen: “Dankbar sollte man Schneider sein, weil er sich über eine in der Verbändewelt und darüber hinaus vorherrschende Fiktion parteipolitischer Neutralität hinwegsetzt und damit die Frage auf die Tagesordnung hebt, was eigentlich Interessen sind und wie man sie durchsetzt.”

Somit scheint offenbar, dass einige der so genannten Verbände oder großen Interessenorganisationen in unserem Land keinesfalls auf parteipolitisch neutralem Terrain agieren. Sie sind teils “Wahlkampfmaschinen” (Tom Strohschneider) für politische Parteien.

Diese Erkenntnis zeigt recht gut, wie man die nun erfolgte Attacke des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes gegen die AfD zu bewerten hat. In Hessen steht Wahlkampf bevor. Da will man der Linkspartei unter die Arme greifen, indem man die Konkurrenz der AfD-Mitglieder als Schmuddelkinder brandmarkt. Ein durchsichtiges Manöver.

Bezeichnend aber ist, dass die über 1000 Mitgliedsorganisationen dazu schweigen und sich vor den Karren spannen lassen. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich in Zukunft Gedanken zu einer Reform derartiger verkrusteter Verbandsstrukturen zu machen. Das beinhaltet auch die Finanzierung durch Steuergelder.

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